Chris Schuth

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Chris Schuth (geb. Christa Lydia Eff) ist am 17. September 1941 in Heidelberg geboren und dort aufgewachsen. Nach dem Abitur am Mädchen-Gymnasium der Elisabeth-von-Thadden-Schule studierte sie Metallographie und Werkstoffkunde in Berlin an der Technischen Berufsfachschule des Lette-Vereins. Der Einstieg in den Beruf erfolgte in der Abteilung Werkstoffprüfung von Daimler-Benz in Mannheim. Weitere berufliche Stationen waren die Prüflaboratorien von Schott-Jenaer Glaswerke in Mainz, Degussa in Frankfurt und dem Automobilzulieferer GKN in Offenbach mit Arbeitsaufträgen in den USA. In Kopenhagen (DK) arbeitete sie in der Entwicklungsabteilung von Struers A/S, einem international führenden Hersteller von Präparationsmaterial und Prüfgeräten zur Untersuchung von festen Werkstoffen.

Seit 1989 ist Chris Schuth selbständige Unternehmensberaterin; Schwerpunkte sind Qualitätsmanagement und Training nach Juran, sowie Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.
Chris Schuth lebt in Mainz.

Kindheit und Jugend
Als Einzelkind (der Bruder starb 1944 kriegsbedingt) bekam sie die ungeteilte Zuwendung der Eltern, mit der Besonderheit, dass ihr Vater sie schon als Schulmädel mit auf Geschäftsreisen nahm, wo er mit Gießereien, Schmieden, Walzwerke technische Lieferbedingungen aushandelte. Es war Teil des väterlichen Besuchsprogramms, dass man die kleine Tochter durch den Betrieb führte – damals noch ohne Sicherheitsschuhe, Brille und Helm. Als Trophäen brachte sie z. B. Locken von Drehspänen, ausgestanzte Plättchen oder kleine Gussmodelle (z. B. von einer Kurbelwelle oder einem Motorblock) heim. Der Vater wurde nicht müde zu erklären, zu welchem größeren Ganzen ein Arbeitsschritt oder ein Werkstück gehörte.

Schule, Ausbildung, Beruf
Die Technik-Faszination begann für Christa Lydia unbeeinflusst von männlichem Gehabe. In der Grundschule war sie zufällig in eine reine Mädchenklasse geraten, ging dann neun Jahre auf ein privates, evangelisches Mädchen-Gymnasium. In rein weiblicher Umgebung, am 1866 gegründeten »Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts« absolvierte sie in Berlin am Lette-Verein eine sehr spezielle Ausbildung, die das Untersuchen von Werkstoffen, vorzugsweise von Metallen, beinhaltete – daher die Bezeichnung »Metallographie«. Der Ursprung des Faches lag in der Röntgen-Medizin. Schon 1896 begann der Lette-Verein mit der Röntgen-Photographie die Ausbildung zur Röntgen-Schwester. Die Übertragung gewisser Techniken aus der Medizin auf die unbelebte Materie erschloss mit der Metallographie den Frauen 1906 ein neues Berufsfeld in Forschung und Industrie. Die weibliche Umgebung verschwand beim Eintritt in die Arbeitswelt. Anfang der 1960er Jahre waren Frauen in technischen Berufen rar. Auch nach zwanzig Berufsjahren hatte sich diese Situation kaum geändert, nur nannte sie sich jetzt Chris, seit 1966 verheiratete Schuth, womit sie eine Gender-Neutralität anstrebte.

Den entscheidenden Tipp für die Berufswahl bekam sie über Kontakte ihres Vaters. Die Aussicht, möglichst schnell eine gut dotierte Stelle in der Industrie oder an Instituten zu finden, war bei jährlich 15 bis 20 Absolventinnen sehr gut. Nach den Semesterferien 1961 dezimierte sich deren Zahl, denn es fehlten einige Studentinnen als Auswirkung auf den Bau der Berliner Mauer am 13. August.

Die breitgefächerte theoretischen Ausbildung und die Praktika von A bis Z, von Analytischer Chemie bis Zerstörungsfreier Werkstoffprüfung, waren eine gute Grundlage für die berufliche Karriere und die persönliche Lebensbewältigung.

Aktivitäten, ehrenamtlich
Eine offene Diskriminierung hatte es im Berufsleben zwar nicht gegeben, aber es fehlte Chris Schuth ein Netzwerk, das ihre Arbeitskollegen ganz nebenbei am Stammtisch oder beim Fußball pflegten.

Über die Gruppe »Frauen im Ingenieurberuf (FIB)« kam es zur Mitarbeit am Gemeinschaftsprojekt »Frau + Technik« auf der Hannover Messe in den Jahren 1988, 1998 und 1990. Mit Desktop Publishing (DTP) erstellte Chris Schuth die drei Dokumentationsbände von den Messe-Aktivitäten der Ingenieurinnen. 1994 gründete Chris Schuth einen FIB-Arbeitskreis im Rheingau-Bezirksverein des VDI, den sie bis 2000 leitete. Im Vorstand des Bezirksvereins war sie für die Öffentlichkeitsarbeit im Rhein-Main-Gebiet mit den Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden zuständig und übernahm Redaktion und DTP-Produktion des Rheingau Regional Magazins. Sie erhielt 2006 die Ehrenmedaille des VDI.

Chris Schuth war an der Etablierung des Ada-Lovelace-Projektes in Rheinland-Pfalz beteiligt, welches 1997 das Landesministerium für Bildung, Frauen und Jugend an der Universität Koblenz initiierte, um Mädchen für Informatik zu begeistern. Die Namenspatin des Projektes, Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace, entwickelte 1843 einen Algorithmus, der als erstes Computerprogramm gilt. Das Konzept des Ada-Lovelace-Projektes beruhte vornehmlich auf dem Einsatz von Studentinnen aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), die sich als Mentorinnen für Schülerinnen engagierten.

Die Motivation, sich in MINT-Frauen-Projekten einzusetzen, nimmt Chris Schuth aus ihrer Erfahrung, dass es keine Hürden gibt, die Frauen nicht nehmen könnten – insbesondere dann nicht, wenn sie Vorbilder haben.

In dankbarer Erinnerung an
Dr. Angelica Schrader (1890-1976), erste Metallographin Deutschlands am Institut für Metallkunde, TH Berlin. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Angelica_Schrader

Weblinks
www.chris-schuth.de

Veröffentlichungen und „Fundstellen“:

Leyendecker, Barbara. Dokumentationen „Frau + Technik“, Hannover Messe 1988, 1989, 1990 Selbstverlag. Schuth, Ch. Text, Satz und Layout

Schuth, Ch. (Autorin und Herausgeberin): qualitalk – Informationen aus Technik und Gesellschaft. Erscheint seit 1995 viermal jährlich. Internet-Version. ISSN 1615-9667, Druck-Version ISSN 1435-1641

VDI Rheingau-Bezirksverein e.V. (Hrsg.) VDI Rheingau Regional-Magazin. Erscheint seit 1998 viermal jährlich. Schuth Ch. Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit 1998 - 2006 (Impressum)

Schuth, Chris: Total Quality Metallographie – Bedeutung und Folgen der Zertifizierung DECHEMA e. V. Frankfurt, 16.6.1993 (Hinweis auf den Fachvortrag in der Chronik) www.metallographie-rheinmain.de/html/chronik.html

Münzenberger, M., Schuth, Ch.: Wir verbinden Kompetenz von der Industrialisierung zur Wissensgesellschaft. In: Verein Deutscher Ingenieure (VDI) (Hrsg.). 100 Jahre Rheingau-Bezirksverein e.V., Essen 2004, ISBN 3-931384-51-9

Ihsen, Susanne (Hrsg.) ... und kein bisschen leise! Festschrift für Prof. Barbara Schwarze. TU München, Gender- und Diversity-Studies, Band 2, 2011. Schuth, Ch. Seite 39, 40, 41